Die Extrem-Bergsteigerin

Gerlinde Kaltenbrunner
© Ralf Dujmovits

Die österreichische Bergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner hat bisher als einzige Frau alle 14 Achttausender ohne zusätzlichen künstlichen Sauerstoff bestiegen. Im Interview mit uns berichtet sie, welche Rolle die vegane Ernährung für sie spielt und wie sie sich auf ihre kräftezehrenden Abenteuer vorbereitet.

Frau Kaltenbrunner, Sie haben viele Jahre Ihres Lebens dem Ziel untergeordnet, die höchsten Berge der Welt zu besteigen. Was macht für Sie die Faszination dieser Bergriesen aus?

Die höchsten Berge üben auf verschiedenen Ebenen eine große Faszination auf mich aus. Zum Beispiel die Mächtigkeit, Kraft und Energie, die von diesen Bergriesen ausgeht oder der oftmals lange Anmarsch zum Basislager und die sich daraus ergebende absolute Abgeschiedenheit. Auf dem Weg zum Berg ergeben sich auch immer wieder sehr schöne Begegnungen mit Einheimischen. Dann für etliche Wochen weit weg jeglicher Zivilisation zu sein, reduziert auf das Notwendigste, ganz fokussiert auf ein großes Ziel, mich vollkommen auf den Berg und die Route einzulassen – das erfüllt mich sehr.

Als einzige Frau haben Sie alle 14 Achttausender ohne künstlichen zusätzlichen Sauerstoff erklommen. Wie bereiten Sie sich auf diese kräftezehrenden Abenteuer vor?

Für die körperliche Vorbereitung trainiere ich intensiv und sehr abwechslungsreich im Ausdauer- und Kraftausdauerbereich, jedoch ohne Trainingsplan. Wichtig war und ist mir immer, ganz und gar auf meinen Körper zu hören, zu spüren, was er gerade braucht oder nicht. Meditation, Entspannung und die Ernährung spielen dabei eine wichtige Rolle. Ebenso ist es mir sehr wichtig, mich immer mittels Imagination auf Unvorhersehbares bestmöglich vorzubereiten.

Neben der individuellen Vorbereitung bereiten wir uns auch im Team akribisch vor. Wir versuchen, die Risiken bestmöglich abzuwägen und die Aufgaben stärkenorientiert zu verteilen. Zudem sind Willenskraft, Disziplin, Geduld, Selbstreflektion, Ruhe und Gelassenheit in schier ausweglosen Situationen, ein respektvoller Umgang mit der Natur und die achtsame Begegnung mit ihr sowie das Vertrauen auf die eigene Intuition unerlässlich, um immer wieder gut und gesund heimzukehren – was für mich oberste Priorität hat.

Welche Rolle spielt für Sie als Profi-Bergsteigerin die Ernährung?

Eine sehr wichtige. Um körperlich und mental topfit zu sein, ist für mich eine vollwertige, rein pflanzliche Ernährung unerlässlich.

Seit wann ernähren Sie sich vegan und was hat Sie dazu motiviert? Welche Erfahrungen haben Sie mit roh-veganer Ernährung gemacht?

Rein vegan ernähre ich mich seit ca. neun Jahren. Mich hat Ernährung schon immer interessiert, nicht zuletzt wegen meines Berufs als Krankenschwester und durch meine intensiven sportlichen Aktivitäten. Dabei habe ich mich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie mein Körper und auch mein Geist Höchstleistungen auf natürliche Weise vollbringen können und dabei gesund bleiben. Ich habe nie viel Fleisch gegessen und schon als Kind lieber Obst anstelle von Süßigkeiten genossen. Das Weglassen von Joghurt und Käse fiel mir anfangs nicht leicht, was sich jedoch schon bald änderte, da ich sofort die sehr positiven körperlichen und mentalen Auswirkungen spürte. Erst in weiterer Folge wurde mir der ethische Aspekt bewusst. Anfangs ernährte ich mich vegan-rohköstlich. Bald merkte ich jedoch, dass mir bei sehr tiefen Temperaturen (auf Expedition oft zwischen –10 und –30 Grad) wärmende Ernährung besser tut. Dennoch beinhaltet meine Ernährung generell einen sehr hohen Rohkostanteil.

Konnten Sie nach dem Umstieg auf die vegane Ernährung Leistungssteigerungen feststellen? Welche Vorteile sehen Sie für sich ganz allgemein in dieser Ernährungsform?

Ja. Mit einer biologisch hochwertigen, rein pflanzlichen Ernährung hat sich z.B. meine Regeneration nach dem Training verbessert und genauso mein Hautbild sowie die geistige Konzentration. Auch meine Schlafphasen verkürzten sich von 9 auf 6 Stunden. Insgesamt hat sich mein körperliches und geistiges Wohlbefinden stark gesteigert. Sehr wichtig ist mir zu erwähnen, dass vegan nicht gleichzeitig gesund bedeutet. Raffinierte Zucker z.B. sind auch vegan, jedoch schädlich für unseren Körper. Denaturierte Lebensmittel meide ich gänzlich.

Gab es im Hinblick auf Ihre Ernährung kritische Stimmen von KollegInnen, gerade aus dem Leistungssportbereich?

Nicht kritisch, eher verwundert: Viele können sich noch immer nicht vorstellen, Höchstleistung ohne tierische Produkte zu vollbringen. Am K2 z.B. waren zu Beginn der Expedition zwei meiner Teamkollegen aufgrund meiner Ernährung äußerst skeptisch. Sie hatten Sorge, dass ich nicht genug Kraft und Energie aufbringen würde – ich habe sie vom Gegenteil überzeugt. Nun, da ich in dem was ich tue erfolgreich bin, stellt niemand mehr meine Ernährung in Frage.

Welche Projekte verfolgen Sie derzeit? Ist die nächste Expedition bereits in Planung?

Gerade bin ich mit meinem Partner Manfred aus Nepal zurückgekommen, wo wir gemeinsam eine »Trekking und Yoga«-Tour leiteten. Nächstes Jahr werde ich wieder zu einer Expedition starten. Sehr bereichernd und bewegend für mich sind unsere gemeinsamen Seminare wie z.B. »Yoga und Bergwandern« und »Bewusster Jahreswechsel«. Diese bieten wir an verschiedenen Orten an und legen dabei – unter anderem – auf eine ausschließlich gesunde, vegane Kost großen Wert..

Verraten Sie uns doch abschließend noch Ihr Leibgericht.

Frische bunte Salate, Hummus und köstliche Smoothies in verschiedensten Variationen.

Herzlichen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

Jetzt mitmachen

Vernetzen

Facebook-Gruppe der Vegan Taste Week

Das könnte Sie auch interessieren

Der Extrem-Radsportler

Der Extrem-Radsportler

Ben Urbanke ist begeisterter Rennradfahrer. Im Interview berichtet er u. a. davon, wie er seine sportliche Leistungsfähigkeit mit veganer Ernährung steigern konnte.
Mehr ⇾

Anmelden

zur VTW anmelden

Anschrift

Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt
Littenstraße 108
10179 Berlin