Soja: gesund oder ungesund?

In den letzten Jahren erfreuen sich pflanzliche Alternativen zu Tierprodukten einer steigenden Beliebtheit: Immer mehr Unternehmen weiten ihre vegane Produktpalette aus und die Umsatzzahlen steigen stetig. Zunehmend beliebter werden dabei vor allem auch Sojaprodukte wie Sojamilch, -sahne und -quark oder auch Tofu. Mit dem steigendem Sojaverzehr werden aber auch kritische Stimmen laut: Soja sei gesundheitlich bedenklich. Im folgenden Artikel gehen wir diesem Bedenken nach und fassen den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Dinge kurz zusammen.

Nahrhaftes Lebensmittel

Die Sojabohne zeichnet sich grundsätzlich durch ihren hohen Protein- und Nährstoffgehalt aus. Sie enthält alle essentiellen Aminosäuren, also Eiweißbausteine, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Ersetzt man Fleisch- und Wurstwaren durch das Sojaprodukt Tofu, nimmt man viele einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu sich und vermeidet Cholesterin. Natürliche, nicht stark verarbeitete Sojaprodukte wie Tofu und Tempeh (fermentierte Sojabohnen) haben häufig einen geringen Fett- sowie erhöhten Protein- und Nährstoffgehalt.

Krebsrisiko

Zwar warnen einige Webseiten und Forscher davor, dass das Risiko für Brustkrebs bei Sojakonsum erhöht sei – dagegen sprechen jedoch die niedrigen Brustkrebsraten in Ost- und Südostasien, wo traditionell viel Soja verzehrt wird. Ebenso niedrig sind Raten von Prostatakrebs in asiatischen Ländern. Außerdem wurden bei asiatischen Männern höhere Konzentrationen von möglicherweise protektiv wirkenden Isoflavonen in der Prostata gefunden als bei westlichen Studienteilnehmern. Auch wenn neben dem Sojaverzehr zusätzliche (regionale) Ernährungs-, Gesundheits- und Umweltfaktoren bei der Entstehung und Prävention von Krankheiten eine Rolle spielen, können solche Befunde als wichtige erste Hinweise zu den Auswirkungen unterschiedlicher Essgewohnheiten gelesen werden.

Wechseljahresbeschwerden

Ein weiterer Befund aus Asien weist auf zusätzliche positive Eigenschaften von Soja hin: In Teilen Asiens leiden Frauen weniger unter Hitzewallungen und klassischen Wechseljahresbeschwerden. Es wird vermutet, dass sie durch die sojareiche Ernährung mehr Isoflavone aufnehmen, die durch die Ähnlichkeit zum Hormon Östrogen den Hormonabfall in der Menopause ausgleichen. Von der Einnahme isolierter Isoflavone in Form von hochdosierten Nahrungsergänzungsmitteln aus diesen und anderen gesundheitlichen Gründen ist jedoch generell abzuraten.

Herzerkrankungen

Durch die Cholesterinfreiheit und den hohen Gehalt an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren zeichnen sich Sojaprodukte als »herzfreundliche« Lebensmittel aus. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann teilweise durch den Konsum von Soja herabgesetzt werden, was z. B. bei japanischen Frauen nach der Menopause nachgewiesen werden konnte.

Osteoporose

Bei Osteoporose wird den Knochen Kalzium entzogen, sodass die Knochendichte abnimmt und die Knochen abgebaut werden. Sojaprotein und Isoflavone scheinen einen positiven Einfluss auf diesen Prozess zu haben: Studien zeigen, dass weniger Osteoporose-Fälle bei Menschen aus Ländern mit gewöhnlich hohem Sojakonsum auftreten (siehe jedoch obiger Hinweis zu Regionsstudien). Regelmäßiger Verzehr von (teilweise mit Kalzium angereicherter) Sojamilch kann bei Frauen nach der Menopause präventive Effekte bezüglich Osteoporose haben und den Knochenabbau verhindern.

Mikrobiom + Soja

Die pflanzliche Ernährung wirkt sich sehr positiv auf unser Darmmikrobiom aus – also auf die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm. Menschen, die sich pflanzlich ernähren, haben demnach mehr protektive und entzündungshemmende Bakterien im Darm als Mischköstler:innen. Bei omnivorer Ernährung steigt dagegen der Anteil eines Bakteriums, das mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert wird. Generell schneiden Vegetarier:innen und Veganer:innen in Studien zur Darmgesundheit besser ab als Personen, die Fleisch essen. Das dürfte vor allem mit dem hohen Ballaststoff-Anteil der pflanzliche(re)n Kost zusammenhängen. Auch Sojaprodukte können eine positive Wirkung auf die Zusammensetzung der Darmflora haben: Sie erhöhen den Gehalt an gesundheitsfördernden Bakterien und reduzieren pathogene Bakterienpopulationen. Damit senkt der Sojakonsum das Risiko für Krankheiten.

Schilddrüse

In die Kritik geraten ist Soja vor allem durch die sogenannten Isoflavone, sekundäre Pflanzenstoffe, die strukturell dem menschlichen Hormon Östrogen ähneln und den Hormonhaushalt beeinflussen können. Insofern Schilddrüsenerkrankungen bestehen, kann durch Isoflavone die Bildung von Schilddrüsenhormonen gemindert werden. Bei Personen, die keine Schilddrüsenbeschwerden haben, gibt es keine Hinweise auf negative Auswirkungen auf die Schilddrüse. Bei regelmäßigem Sojaverzehr wird jedoch empfohlen, auf einen ausreichenden Jodhaushalt im Körper zu achten – die Forschungslage ist noch nicht eindeutig. Generell ist der Gehalt von Isoflavonen in verarbeiteten Sojaprodukten wie Tofu, Tempeh oder Sojamilch deutlich geringer als in reinen Sojabohnen.

Offizielle Expertenmeinungen

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält insgesamt fest, dass »die Aufnahme von Isoflavonen im Rahmen einer normalen Soja-Kost bei üblichen Verzehrsmengen nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand als unbedenklich angesehen werden kann«. Unser Wissenschaftsbeirat Dr. Markus Keller vom Institut für alternative und nachhaltige Ernährung (IFANE) fasst die Datenlage zu Soja ähnlich zusammen:

»Behauptungen zur gesundheitsschädlichen Wirkung des Sojakonsums [werden] oft einseitig dargestellt oder [sind] zumindest umstritten (…). Teilweise beruhen sie auf einer einzigen Studie. Vermeintliche ‚Beweise‘ auf sojakritischen Webseiten sind oft unzureichend recherchiert, zitierte Literatur wird teilweise unsauber oder falsch wiedergegeben und Studien, die auf mögliche positive Wirkungen des Verzehrs von Sojaprodukten hinweisen, werden ignoriert. Folglich sollten entsprechende Webseiten und Artikel kritisch hinterfragt werden. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft hat der moderate Konsum von Sojaprodukten mehr positive als mögliche negative Gesundheitsauswirkungen. Hier besteht jedoch noch weiterer Forschungsbedarf.«

Fazit: Soja ist in Maßen unbedenklich

Fest steht: Spricht körperlich nichts dagegen (wie z. B. eine Schilddrüsenerkrankung oder Soja-Allergie), ist gegen einen moderaten Sojakonsum nichts einzuwenden. Tofu und andere nicht zu stark verarbeitete Sojaprodukte wie Tempeh und Sojamilch können einen wertvollen Beitrag zu einer gesunden pflanzlichen Ernährung leisten. Dass der Verzehr von Soja zudem auch aus Umweltsicht weit weniger bedenklich ist, als manchmal betont wird, soll abschließend nur kurz angedeutet werden:

Rund 80 % der weltweiten Sojaernte werden als Futtermittel für die Erzeugung von Tierprodukten eingesetzt und nicht für die direkte menschliche Ernährung. Negative Umwelteinwirkungen wie die laufende Rodung von Regenwald zur Erschließung weiterer Sojaanbauflächen gehen damit eindeutig auf das Konto der Tierproduktion und des Tierkonsums. Hinzu kommt, dass in Europa erzeugte Sojaprodukte für den direkten menschlichen Verzehr oft aus nachhaltig angebauten, nordamerikanischen oder europäischen Sojabohnen hergestellt werden: Ob aus Kanada, Südfrankreich, Italien, Österreich oder sogar dem Süden Deutschlands – Soja wächst nicht nur in südamerikanischen Monokulturen.

Die Bedenken sind ausgeräumt, aber Sie sind sich noch nicht ganz sicher, wie Sie den recht geschmacksneutralen Tofu lecker zubereiten? Dann schauen Sie doch mal in unseren Tofu-Artikel.

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