Vegan: Gesund in allen Lebensphasen

Was sagen die Ernährungsgesellschaften verschiedener Länder zur veganen Ernährungsweise? Im Gegensatz zur Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) kommen viele andere zu dem Schluss, dass eine gut geplante vegane Ernährung in allen Lebensphasen gesund sein kann, also auch für Schwangere, Kinder, Sportler:innen und Senior:innen. Wir stellen hier die wichtigsten Positionen vor.

USA

Academy of Nutrition and Dietetics (A.N.D.)

Die Academy of Nutrition and Dietetics (A.N.D.) ist die weltweit größte Ernährungsorganisation. Bereits 1988 äußerte sich die A.N.D. (damals noch American Dietetic Association) positiv zur veganen Ernährung. Sie stellte fest, dass diese den Energie- und Nährstoffbedarf in allen Lebensphasen decken kann. 2016 erneuerte die Organisation auf der Grundlage weiterer Studien ihr Positionspapier und hebt zudem die positiven Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt hervor:

»Die Academy of Nutrition and Dietetics vertritt den Standpunkt, dass eine gut geplante vegetarische und vegane Ernährung gesund und ernährungsphysiologisch angemessen ist und gesundheitliche Vorteile bei der Vorbeugung und Behandlung bestimmter Krankheiten bieten kann. Diese Ernährungsformen sind für alle Lebensphasen geeignet, einschließlich Schwangerschaft, Stillzeit, Säuglingsalter, Kindheit, Jugend, Senioren und für Sportler. Eine pflanzliche Ernährung ist ökologisch nachhaltiger als eine Ernährung, die reich an tierischen Produkten ist, da sie weniger natürliche Ressourcen verbraucht und mit weitaus weniger Umweltschäden verbunden ist.«

Kanada

Dietitians of Canada (DC)

Die Dietitians of Canada (DC) hat 2003 zusammen mit der damaligen American Dietetic Association ein Positionspapier veröffentlicht und äußert sich ebenfalls positiv zur veganen Ernährungsweise. Auf ihrer Website gibt die DC außerdem ausführliche Ernährungsempfehlungen für Veganer:innen und hebt die positiven Aspekte der Ernährung hervor:

»Jeder kann sich vegan ernähren – von Kindern über Teenager bis hin zu älteren Menschen. [Die vegane Ernährung] ist sogar für Schwangere oder stillende Mütter gesund. Eine gut durchdachte vegane Ernährung ist reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Antioxidantien. Außerdem ist sie arm an gesättigten Fetten und Cholesterin. Diese gesunde Kombination trägt zum Schutz vor chronischen Krankheiten bei.

Veganer haben eine niedrigere Rate an Herzkrankheiten, Diabetes und bestimmten Krebsarten als Nicht-Veganer. Veganer haben auch einen niedrigeren Blutdruck als Fleischesser und Vegetarier und sind seltener übergewichtig.«

In den offiziellen Ernährungsempfehlungen der kanadischen Regierung sind Milchprodukte, Fleisch und Fisch nur noch drei Optionen neben vielen pflanzlichen Proteinquellen. Sie sind keine eigenen Lebensmittelkategorien und werden nicht explizit empfohlen, wie das zum Beispiel bei der DGE der Fall ist. Kanadier:innen werden stattdessen aufgefordert, »Gemüse, Obst, Vollkorn und regelmäßiger pflanzliche Proteine« zu essen.

Vereinigtes Königreich

Laut einer Google Trends-Analyse ist die vegane Ernährung in Großbritannien so beliebt wie nirgendwo sonst. Britische Ernährungsgesellschaften stehen diesem Trend aufgeschlossen gegenüber:

British Dietetic Association

Die British Dietetic Association (BDA) ist eine der ältesten Ernährungsorganisationen des Vereinigten Königreichs. Die Organisation bekräftigt, dass eine gut geplante vegane Ernährung »ein gesundes Leben für Menschen jeden Alters unterstützen kann«. Die BDA arbeitet außerdem mit der Vegan Society zusammen um zu zeigen, »dass eine ausgewogene vegane Ernährung für Kinder und Erwachsene, auch während der Schwangerschaft und Stillzeit, möglich ist, wenn die Ernährung gut geplant wird

National Health Service (NHS)

Auch das staatliche Gesundheitssystem, der National Health Service (NHS), hat die Position, dass eine gut geplante Ernährung in allen Lebensphasen möglich ist:

»Mit einer guten Planung und einem Verständnis dafür, was eine gesunde, ausgewogene vegane Ernährung ausmacht, können Sie alle Nährstoffe erhalten, die Ihr Körper braucht

»Wenn Sie sich während der Schwangerschaft und in der Stillzeit vegan ernähren, müssen Sie darauf achten, dass Sie genügend Vitamine und Mineralstoffe zu sich nehmen, damit sich Ihr Kind gesund entwickeln kann.«

Italien

Società Italiana di Nutrizione Umana (SINU)

Die Società Italiana di Nutrizione Umana (SINU) hat ein 16-Seitiges Positionspapier veröffentlicht, in dem sie detailliert auf die unterschiedlichen Aspekte einer veganen und vegetarischen Ernährung eingeht. Dabei werden nicht nur die einzelnen Lebensphasen, sondern auch der jeweilige Nährstoffbedarf und potenziell kritische Nährstoffe unter die Lupe genommen. Die vegane Ernährung wird dabei als eine Variante der vegetarischen Ernährung betrachtet:

»Die in diesem Papier geprüften Erkenntnisse machen deutlich, dass eine gut geplante vegetarische Ernährung, die eine große Vielfalt an pflanzlichen Lebensmitteln und eine zuverlässige Quelle Vitamin B12 enthält, eine angemessene Nährstoffzufuhr gewährleistet. […] Wir fordern staatliche Stellen und Gesundheits- und Ernährungsorganisationen auf, mehr Aufklärungsmaterial bereitzustellen, um den Italienern zu helfen, eine ernährungsphysiologisch angemessene vegetarische Ernährung umzusetzen.«

Israel

Israelisches Gesundheitsministerium

Israel gehört zu den vegan-freundlichsten Ländern der Welt: Das liegt zum einen an der traditionell eher pflanzlichen Küche, zum anderen aber auch an einem wachsenden Bewusstsein für Tier- und Umweltschutz. Dass eine vegane Ernährung mit dem nötigen Wissen und einer gewissen Vorsicht bei stillenden Müttern und Säuglingen gut umsetzbar ist, meint auch das israelische Gesundheitsministerium:

»Eine vegetarische* Ernährung kann, wenn sie mit Bedacht gewählt wird, alle Ernährungsbedürfnisse vom Säuglingsalter bis ins hohe Alter abdecken.

Kleinkinder, die vegetarisch ernährt werden, wachsen gut, wenn ihre Ernährung alle Nahrungsbestandteile in ausreichender Menge enthält und sie gemäß den Ernährungsrichtlinien für alle Kleinkinder ihres Alters ernährt werden

* Vegan wird in diesem Papier als Unterform von vegetarisch verstanden.

Nordische Länder

Nordic Council of Ministers

Das Nordic Council of Ministers (NHMRC) gibt für Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden, Färöer-Inseln, Grönland und Åland alle acht bis zehn Jahre Ernährungsempfehlungen (Nordic Nutrition Recommendations) heraus. Die letzte Empfehlung stammt aus dem Jahr 2012, die nächste wird im Juni 2023 veröffentlicht. Doch bereits 2012 stand in den NNR Folgendes:

»Vegane, lakto-vegetarische und lakto-ovo-vegetarische Ernährungsweisen sollten in der Lage sein, den Nährstoffbedarf von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen zu decken und ein normales Wachstum zu fördern, wenn sie entsprechend geplant werden. Die vegane Ernährung muss immer mit Vitamin B12 und Vitamin D ergänzt werden

Das NHMRC betont außerdem die klimabezogenen Vorteile einer veganen Ernährung:

»Wer sich fleisch- und milcharm ernährt, belastet das Klima weniger als der Durchschnitt. Mit einer veganen Ernährung kann die Klimabelastung sogar halbiert werden

Australien

National Health and Medical Research Council

Ganze 12 % der Australier:innen ernähren sich größtenteils vegetarisch und immerhin 2 % vegan. In der Google Trend-Analyse zur Beliebtheit veganer Ernährung belegt Australien Platz 2, dicht gefolgt von Israel.

Das National Health and Medical Research Council (NHMRC) ist für medizinische Forschung zuständig und gilt in diesem Bereich als die wichtigste gesetzliche Behörde der australischen Regierung. In ihren Dietary Guidelines stellt sie wissenschaftliche Erkenntnisse für gesündere Ernährung bereit und schreibt zu einer veganen Ernährung Folgendes:

»Eine gut geplante vegetarische Ernährung, einschließlich einer vollständig vegetarischen oder veganen Ernährung, ist gesund und ernährungsphysiologisch angemessen. Eine gut geplante vegetarische Ernährung ist für Menschen in allen Phasen des Lebenszyklus geeignet.«

Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt aufgrund einer »unzureichenden Datenlage« und einer erschwerten Bedarfsdeckung bestimmter Nährstoffe die vegane Ernährung bisher nicht. Dennoch betont auch sie in ihrem Positionspapier von 2016 die Vorzüge dieser Ernährungsform:

»Eine pflanzenbetonte Ernährung (mit oder ohne einen geringen Fleischanteil) [ist] gegenüber der derzeitig in Deutschland üblichen Ernährung mit einer Risikosenkung für ernährungsmitbedingte Krankheiten verbunden«

2020 reichte die DGE eine Ergänzung zu ihrer Position zur veganen Ernährung nach. Darin berücksichtigt sie neuere Studien zu Bevölkerungsgruppen mit besonderem Anspruch an die Nährstoffversorgung, also zum Beispiel Schwangere und Kinder. Sie schreibt:

»Unter der Voraussetzung, dass die Ernährung alle essenziellen Nährstoffe beinhaltet und zudem reich an ernährungsphysiologisch günstigen Nährstoffen wie Ballaststoffen und arm an zugesetztem Zucker und gesättigten Fettsäuren ist, kann eine vegane Ernährung, genau wie andere pflanzenbetonte Ernährungsweisen, langfristige positive Auswirkungen für die Gesundheit der Kinder haben. Beispiele hierfür sind eine geringere Prävalenz von Übergewicht bzw. Adipositas und ein geringeres Risiko für kardiometabolische Erkrankungen im Erwachsenenalter

Auch in den 10 Regeln der DGE macht die Organisation auf die Vorteile pflanzlicher Lebensmittel aufmerksam und empfiehlt eine pflanzenbasierte Ernährung:

»Weniger tierische Lebensmittel zu essen – insbesondere rotes Fleisch – hat nicht nur gesundheitliche Vorteile, sondern vermindert auch die negativen Einflüsse auf Umwelt und Klima. Bei der Produktion tierischer Lebensmittel ist der Verbrauch von Ressourcen und der Ausstoß schädlicher Treibhausgase höher als bei der Produktion pflanzlicher Lebensmittel.«

Im Rahmen ihres 14. Ernährungsberichts hat die DGE außerdem die VeChi-Youth-Studie veröffentlicht. Das Ergebnis: Vegan lebende Kinder und Jugendliche sind mit den meisten Nährstoffen gut versorgt und es gibt nur geringe Unterschiede zu vegetarisch und omnivor lebenden Kindern. Die Studie gilt jedoch nicht als repräsentativ für die gesamte deutsche Bevölkerung.

Fazit: Gut informiert ist vegan in allen Lebensphasen gesund

Wir freuen uns, dass viele Ernährungsgesellschaften die vegane Ernährung als ernährungsphysiologisch sinnvoll ansehen. Kritische Positionen wie die der DGE resultieren zum einen aus der unzureichenden Studienlage zur veganen Ernährung. Zum anderen kann laut der DGE nicht davon ausgegangen werden, dass die breite Bevölkerung über das notwendige Wissen verfügt, um mit einer veganen Ernährung alle Nährstoffe zu decken. Gleichzeitig erkennt auch die DGE die pflanzenbetonte Ernährung als gesündeste Ernährungsform an.

Die Anreicherung pflanzlicher Lebensmittel oder der Böden mit kritischen Nährstoffen wäre eine gute Option, um die Nährstoffzufuhr für alle Bevölkerungsgruppen zu erleichtern, die auch bei omnivorer Ernährung nicht automatisch optimal ist. In den USA sind angereicherte Lebensmittel bereits weit verbreitet. Die Erhöhung der Selenkonzentration im Boden durch angereicherte Düngemittel ist beispielsweise in Finnland seit den 1980er Jahren gängige Praxis, da europäische Böden sehr selenarm sind. In Ländern wie Deutschland wird stattdessen bis heute Tierfutter mit Nährstoffen wie Selen oder B12 angereichert, um Mangelerscheinungen bei Tieren und Menschen vorzubeugen.

Wichtig ist außerdem, dass mehr wissenschaftliche Forschung betrieben wird, um Wissenslücken im Bereich der veganen Nährstoffversorgung zu schließen.

Klar ist jedoch: Mit dem nötigen Wissen ist eine vegane Ernährung in allen Lebensphasen gut umsetzbar und gesund. Eine pflanzenbasierte Ernährung ist außerdem das Schlüsselthema im Bereich der planetaren Gesundheit und birgt großes Potenzial im Kampf gegen Klima- und Umweltkatastrophen, Welthunger, Pandemien und Antibiotikaresistenzen sowie das Artensterben. Nicht zuletzt trägt eine pflanzlichere Ernährung dazu bei, dass weniger Tiere in der Landwirtschaft leiden und sterben müssen.


Foto: © Gorodenkoff – Shutterstock

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