Vegan unter Fleischesser:innen: Unsere Tipps

Der Schritt ins vegane Leben wird uns heute dank zahlreicher leckerer Rezepte und gut verfügbarer pflanzlicher Produkte so leicht gemacht wie nie zuvor. Für viele Menschen ist jedoch gar nicht die Ernährungsumstellung an sich das größte Hindernis. Vor Probleme stellt sie vielmehr der Umgang mit Freund:innen, Familienmitgliedern und Kolleg:innen, die eventuell mit Unverständnis auf die neue Ernährungsweise reagieren. Wir haben einige Tipps gesammelt, mit denen Sie unangenehme zwischenmenschliche Situationen meistern können.

Andere über die Ernährungsumstellung informieren

Sie haben sich bestimmt viele Gedanken gemacht, bevor Sie Ihre Ernährung umgestellt haben: Sie haben sich über die guten Argumente, die für eine vegane Ernährung sprechen, informiert, sich mit Nährstoffen auseinandergesetzt und entdeckt, wie lecker und abwechslungsreich pflanzliche Speisen sind. Genau diese wichtigen Informationen fehlen Ihren Freund:innen, Kolleg:innen oder Familienmitgliedern wahrscheinlich, wenn Sie ihnen von Ihrer Ernährungsumstellung erzählen. Sie haben eventuell noch Vorurteile oder auch gar keine klare Vorstellung davon, was »vegan« eigentlich bedeutet. Erwarten Sie deshalb nicht, dass andere Menschen Ihre Entscheidung sofort nachvollziehen können. Geben Sie ihnen Zeit dafür.

Bleiben Sie ganz bei sich und erläutern Sie Ihre persönlichen Beweggründe. Die Kommunikation in Ich-Botschaften ist dafür besonders hilfreich. Damit geben Sie Ihrem Gegenüber die Möglichkeit, Ihre Sichtweise zu verstehen, ohne sie ihm aufzudrängen. Wenn Ihr:e Gesprächspartner:in Interesse zeigt, gehen Sie ausführlicher darauf ein – aber wenn Sie direkt auf Ablehnung stoßen, halten Sie sich erst einmal zurück. Vielleicht können Sie das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen.

Wichtig: Erwecken Sie nicht den Eindruck, andere Menschen zu verurteilen, weil diese nicht vegan essen (möchten). Wenn Sie Verständnis von anderen Personen einfordern, sollten Sie auch ihnen gegenüber Akzeptanz zeigen und verständnisvoll sein. Sie haben die Befürchtung, dass Ihr Gegenüber sehr negativ auf die »Neuigkeit« reagieren könnte? Dann sagen Sie ihm oder ihr direkt, dass er oder sie sich nicht anpassen muss – dass sich für ihn oder sie eigentlich gar nichts ändert, weil es Ihre persönliche Entscheidung ist.

Was ist der beste Zeitpunkt, um seinen Lieben von seiner Ernährungsumstellung zu berichten? Auf jeden Fall nicht beim Essen oder Zubereiten unveganer Speisen. Die meisten Menschen fühlen sich in solch einer Situation indirekt verurteilt und haben das Gefühl, sich für ihre Ernährung rechtfertigen zu müssen. Das ist eine denkbar schlechte Ausgangslage für eine entspannte Unterhaltung.

Umgang mit Kritik, Spott und Unverständnis

Ihre Umwelt kann ganz unterschiedlich auf Ihre Entscheidung reagieren. Dass neben positiven Reaktionen auch kritische Fragen oder Witze kommen, ist ganz normal.

Witze und Spott

In jedem Fall gilt: Entspannt bleiben. Manche Menschen kommentieren einfach gerne das Verhalten anderer Leute und machen auch gern Witze darüber. Das ist kein Grund, sich zu ärgern. Oft wissen diese Personen einfach nicht, was sie sonst zum Thema beitragen sollen. Bei einer kleinen Stichelei oder einem harmlosen Spaß auf Ihre Kosten dürfen Sie ruhig mitlachen – und vielleicht anschließend kurz erläutern, warum der Witz nichts mit der Realität zu tun hat.

Kritik, Vorurteile und Unverständnis

Bei Kritik und Vorurteilen gegenüber der veganen Ernährung ist es wichtig, gut informiert zu sein und stichhaltige Argumente griffbereit zu haben. Eine Liste mit häufig vorgebrachten »Argumenten« gegen die vegane Ernährung und passenden Antworten finden Sie hier. Unterhaltsame Videos mit passenden Gegenargumenten gibt es beim Artgenossen. Auf unserer Website können Sie sich außerdem über die Frage »Ist vegane Ernährung gesund?« informieren und sich Wissen über die wichtigsten Nährstoffe aneignen.

Bedenken Sie, dass jemand, der Ihnen sagt, dass die vegane Ernährung ungesund sei, sich vielleicht einfach ehrliche Sorgen um Ihr Wohlergehen macht. Tun Sie diese Einwände nicht einfach ab, sondern bedanken Sie sich dafür. Danach können Sie darauf hinweisen, dass Sie sich eingehend mit diesem Thema beschäftigt haben und der Person versichern, dass ihre Sorgen unbegründet sind.

Sollte sich ein Gespräch zu einer unangenehmen Diskussion entwickeln, lenken Sie das Gespräch nach einem freundlichen »Ich glaube, wir finden bei diesem Thema nicht zueinander« in andere Bahnen. Bei Beleidigungen sowie unfairen Kommentaren kann es sinnvoll sein sein, über entsprechende Äußerungen hinwegzuhören oder das Gespräch mit einem bestimmten »Ich möchte jetzt nicht weiter über dieses Thema sprechen« zu beenden. Manche Menschen lassen sich auch mit guten Argumenten nicht erreichen oder wollen einfach nur provozieren. Schonen Sie Ihre Nerven und sparen Sie Ihre Energie lieber für fruchtbare Gespräche mit anderen Personen.

Als einzige:r Veganer:in in der Familie

Menschen mögen feste Abläufe, Traditionen und Gewohnheiten. Da kann es schon mal Unruhe in die Familie bringen, wenn ein Mitglied sich »plötzlich« entschließt, fortan auf Fleisch, Milch, Eier und Co. zu verzichten. Zum Glück gewöhnen sich die meisten Menschen aber auch schnell an neue Gegebenheiten. Geben Sie Ihrer Familie etwas Zeit und zeigen Sie ihr, dass Sie sich mit der veganen Ernährung gut fühlen und Spaß daran haben. Dann wird es ihr noch leichter fallen, Ihre neuen Essgewohnheiten zu akzeptieren (und vielleicht sogar nachzuahmen).

Bei der gemeinsamen Essensplanung können Sie darauf hinweisen, dass sich viele Gerichte überraschend einfach vegan zubereiten lassen (hier gibt’s Inspirationen). Vielleicht können Sie Ihre Familie mit pflanzlichen Gerichten begeistern, sodass ab und zu die ganze Familie vegan isst. »Keine Chance«, sagen Sie? Dann empfehlen wir, gemeinsam Gerichte auszuwählen, die Sie mit nur wenig Aufwand parallel in veganer Variante kochen können. Wenn beispielsweise Ihre Familie Spaghetti Bolognese essen möchte, bereiten Sie sich in einer anderen Pfanne Sojabolognese zu. Die Nudeln können für alle gemeinsam gekocht werden.

Letztlich sollten Sie sich und Ihrer Familie bewusst machen, dass es hier letztlich »nur« um Essgewohnheiten geht. Sind diese es wirklich wert, dass deswegen der Haussegen schief hängt? Bestimmt gibt es viele Dinge, die für Ihre Familie wichtiger sind als das gemeinsame Essen derselben Speisen.

Die Einladung zum Essen

Irgendwann kommt sie: Die Einladung zum Essen bei Freund:innen oder Kolleg:innen. Viele Neu-Veganer:innen machen sich viele Gedanken darüber. Aber keine Sorge: Wenn Sie Ihre:n Gastgeber:in rechtzeitig informieren, steht einem schönen gemeinsamen Essen meist nichts im Wege.

Um die Köchin oder den Koch zu entlasten, bieten Sie am besten aktiv an, sich selbst etwas Veganes mitzubringen. Vielleicht werden Sie aber auch nach Tipps oder Rezepten gefragt, weil sie:er etwas Veganes für Sie zubereiten will. Die Hauptsache ist, dass Sie das Thema möglichst früh ansprechen. Das ist eleganter als einfach gar nichts zu essen – denn dadurch könnte sich der:die Gastgeber:in gekränkt fühlen.

Eine weitere Herausforderung sind Familienfeiern oder die klassische Einladung zu Kaffee und Kuchen bei den Großeltern. Unser Tipp, wenn Sie Diskussionen aus dem Weg gehen wollen: Bringen Sie selbst einen besonders leckeren Kuchen mit, bei dem niemand merkt, dass er vegan ist. Bei einem großen Festessen wie etwa an Weihnachten könnten Sie außerdem anbieten, zusammen mit den Gastgeber:innen zu kochen. So können Sie bei den allgemeinen Vorbereitungen helfen und sich gleichzeitig ein veganes Gericht für sich selbst zubereiten.

Tun Sie sich selbst einen Gefallen und machen Sie bei solchen Gelegenheiten keine Ausnahmen, wenn Sie es nicht wollen (»Nagut, dieses eine Mal nehme ich noch ein Stück Fleisch / ein Stück Sahnetorte«). Das würde es nur noch schwieriger machen, bei der nächsten Gelegenheit »nein« zu sagen.

Essen gehen mit Kolleg:innen

Während Sie beim Essen mit Freund:innen und der Familie noch gut einschätzen können, wie die Reaktionen auf Ihre Ernährungsweise ausfallen werden, ist das bei Kolleg:innen unter Umständen schwieriger. Lassen Sie sich davon nicht einschüchtern. Wenn Sie es nicht wollen, müssen Sie Ihre vegane Ernährung gar nicht großartig thematisieren.

Wenn Sie bereits einige Tage vorher wissen, in welches Restaurant es geht, studieren Sie die Speisekarte online oder rufen Sie an, um nach veganen Optionen zu fragen. Bei einem spontanen Besuch entdecken Sie meist schon bei einem Blick auf die Speisekarte etwaige vegane Optionen oder Speisen, die sich ganz einfach »veganisieren« lassen, etwa indem man den Käse weglässt. Sollte es wider Erwarten gar keine passenden Gerichte geben, sprechen Sie den:die Kellner:in an. Für die meisten Restaurants ist es überhaupt kein Problem, Rezepte anzupassen oder ein pflanzliches Gericht extra für Sie zuzubereiten. Im Gegenteil: Viele Köch:innen freuen sich über die Abwechslung. Weitere Tipps dazu finden Sie in unserem Artikel »Auswärts essen«.

Andere zum Handeln motivieren

Wenn Sie Ihre Ernährung auf vegan umgestellt haben, wissen Sie, welche Vorteile diese Ernährungsweise für Ihre Gesundheit, für die Tiere und den Planeten hat. Und vielleicht möchten Sie jetzt allen Menschen, die Ihnen nahe stehen, ebenfalls so schnell wie möglich die Augen öffnen und Sie mitnehmen auf diesem veganen Weg. Das kann aber genau die falsche Herangehensweise sein.

Wenn Sie wollen, dass Ihre Mitmenschen sich mit ihrer Ernährung auseinandersetzen, sollten Sie Ihren Missionierungseifer zügeln. So schwer es auch fallen mag: Warten Sie, bis andere mit Fragen auf Sie zukommen statt umgekehrt ständig mit pro-veganen Argumenten um sich zu werfen. Das verhärtet nur die Fronten. Gehen Sie einfach als gutes Beispiel voran und laden Sie eventuell ab und zu zum veganen Essen ein. Menschen wollen sich selbst aus freien Stücken für etwas entscheiden. Wenn man den Eindruck hat, gedrängt oder überzeugt zu werden, geht man oft automatisch auf Abstand, selbst wenn man eigentlich gar nicht so abgeneigt ist.

Wenn ein Verwandter Ihnen mitteilt, dass er nun einen Monat vegetarisch leben möchte oder die Kollegin im Büro sich bei Ihnen nach Wurstalternativen erkundigt – zeigen Sie Anerkennung und Interesse! Was Ihnen wie kleine Schritte erscheinen mag, sind häufig große Schritte für andere. Wertschätzung ermutigt sie dazu, weiterzugehen.

Gleichgesinnte finden

Herausforderungen lassen sich viel leichter meistern, wenn man sich mit Gleichgesinnten darüber austauscht. Es ist wichtig, sich mit anderen zu vernetzen, damit man sich nicht allein fühlt und sich gegenseitig bestärken kann. Möglichkeiten dazu bieten vegane Stammtische in Ihrer Nähe oder aber unsere Facebookgruppe »Vegan-Tipps für alle«. Dort bieten wir einen geschützten Raum, in dem Sie all Ihre Fragen rund ums Thema »vegan« stellen und sich mit den über 40.000 Mitgliedern austauschen können. Wir freuen uns auf Sie!


© Foto Rawpixel.com – Shutterstock

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