Wer sich für eine vegane Ernährung entscheidet, hat dabei die zahlreichen Vorteile dieser Ernährungsform im Kopf. Einige Neu-VeganerInnen sind daher verunsichert, wenn sich kurz nach der Ernährungsumstellung eventuell Verdauungsbeschwerden bemerkbar machen. Wir erläutern, was es damit auf sich hat und zeigen, dass es sich lohnt, dranzubleiben und dem Körper die nötige Zeit zum Umgewöhnen zu gönnen.
Vegane Ernährung und Ballaststoffe
Meist sind es Ballaststoffe, die dem »untrainierten« Verdauungstrakt Probleme bereiten. Sie kommen nur in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Besonders ballaststoffreich sind Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte und viele Obst- und Gemüsesorten – also genau die Lebensmittel, die bei einer Umstellung auf die vegane Ernährung viel häufiger gegessen werden als zuvor.
Da Ballaststoffe überwiegend unverdaulich sind, gelangen sie in den Dickdarm, wo durch den bakteriellen Abbau Gase entstehen, die zu Blähungen führen können. Diese »Nebenwirkung« lässt allerdings nach, sobald sich der Darm nach wenigen Wochen an die erhöhte Zufuhr gewöhnt hat. Es lohnt sich, darauf zu warten, denn Ballaststoffe haben zahlreiche gesundheitliche Vorteile: Sie wirken Übergewicht entgegen, beeinflussen den Blutzuckerspiegel positiv und senken möglicherweise das Risiko für Darmkrebs, Diabetes mellitus Typ 2 sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, mindestens 30 g Ballaststoffe pro Tag zu sich zu nehmen. Der größte Anteil der Menschen in Deutschland erreicht diesen empfohlenen Richtwert jedoch nicht. VeganerInnen dagegen nehmen sehr viele Ballaststoffe auf, nämlich durchschnittlich zwischen 40 und 60 g pro Tag.
Hülsenfrüchte: Sehr gesund, aber gewöhnungsbedürftig
Hülsenfrüchte sind ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. Sie können – wie die anderen Ballaststoffquellen – das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs senken. Regelmäßiger Verzehr wirkt sich zudem möglicherweise positiv auf die Lebenserwartung aus.
Um die Bekömmlichkeit von Hülsenfrüchten zu steigern, ist es wichtig, sie immer vollständig zu garen. Am besten bereitet man sie zusammen mit verdauungsfördernden Gewürzen wie Ingwer (etwa in Kichererbsen-Currys), Koriander (wie im Kartoffel-Linsen-Eintopf) oder Kreuzkümmel (z. B. in Hummus) zu. Wer einen empfindlichen Verdauungstrakt hat, sollte Hülsenfrüchte nicht mit Obst kombinieren, denn die beiden Lebensmittelgruppen vertragen sich unter Umständen nicht gut miteinander.
Wenn Sie feststellen, dass Sie vor allem nach dem Essen von Tofu oder pflanzlichen Milchalternativen Probleme bekommen, können Sie sich beim Arzt auf eine Soja-Allergie oder -Unverträglichkeit hin untersuchen lassen.
Rohkost
Frisches Gemüse enthält viele Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe und ist damit ein unverzichtbarer Bestandteil einer gesunden Ernährung. Aber es sind auch viele Ballaststoffe enthalten, die vorübergehend Probleme bereiten können. Blähungen und ein Druck- oder Völlegefühl können die Folge sein.
Wer Beschwerden hat, kann sich zunächst an besonders gut verträgliche Gemüsesorten wie Tomaten, Blattsalate, Kürbisse oder Wurzelgemüse (Karotten, Süßkartoffeln, Rote Bete) halten. Kohlsorten, Zwiebeln und Lauch sorgen dagegen eher für Probleme – insbesondere, wenn sie nur selten gegessen werden. Generell ist zubereitetes Gemüse bekömmlicher als Rohkost – nehmen Sie daher anfangs auch Gemüsesuppen oder gedünstetes Gemüse auf den Speiseplan und steigern Sie die Menge an rohem Gemüse mit der Zeit.
Das Mikrobiom verändert sich
Unsere Ernährung hat einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Mikrobioms – also auf die Milliarden Mikroorganismen, die sich in unserem Darm befinden und unsere Gesundheit beeinflussen. Studien zeigen, dass eine Ernährungsumstellung schon nach 24 Stunden deutliche Veränderungen im Mikrobiom bewirken kann: Bei omnivorer Ernährung steigt beispielsweise der Anteil eines Bakteriums, das mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert wird, während man bei pflanzlicher Kost mehr Bakterien findet, die entzündungshemmend wirken.
Generell schneiden VegetarierInnen und VeganerInnen in Studien zur Darmgesundheit besser ab als Personen, die Fleisch essen. Dabei zeigt sich, dass sich vor allem Ballaststoffe positiv auf das Mikrobiom auswirken.
Generelle Tipps bei Verdauungsbeschwerden
Wenn es im Bauch häufiger zwickt und zwackt, können neben den oben genannten Hinweisen die folgenden Tipps und Hausmittel helfen:
- Kräutertees (Fenchel, Anis, Kümmel) wirken Blähungen entgegen.
- Flohsamenschalen optimieren die Verdauung und helfen sowohl bei Durchfall als auch bei Verstopfung.
- Stark verarbeitete sowie stark gezuckerte und frittierte Produkte sind schwer verdaulich. Greifen Sie lieber zu vollwertigen Lebensmitteln.
- Wenn die Beschwerden häufiger auftreten, können Sie ein Ernährungstagebuch führen, um herauszufinden, welche Lebensmittel genau die Beschwerden verursachen.
- Nehmen Sie mehrere kleinere Portionen am Tag zu sich statt wenige große. Kauen Sie gründlich und essen Sie bewusst.
- Achten Sie beim Essen auf die Reihenfolge und essen Sie zuerst die Lebensmittel, die schnell verdaut werden. Das sind in der Regel Lebensmittel mit einem hohen Wasseranteil wie etwa Früchte. Generell gilt: Rohkost vor Gekochtem.
- Ausreichend Bewegung ist wichtig, um die Verdauung in Gang zu bringen.
Fazit: Schrittweise ist manchmal besser als ein plötzlicher Umstieg
Für viele Menschen ist die Entscheidung für die vollwertige pflanzliche Ernährung eine »ganz oder gar nicht«- bzw. »jetzt oder nie«-Angelegenheit. Das ist verständlich, aber nicht in allen Fällen sinnvoll. Vor allem Personen, die vor dem Umstieg kaum frisches Obst und Gemüse und eventuell nie Hülsenfrüchte gegessen haben, sollten ihren Körper langsam an die neue Kost gewöhnen. Zum Beispiel kann die Menge der genannten Lebensmittel von Woche zu Woche erhöht werden.
Auf welche Lebensmittel Sie bei einer veganen Ernährung ganz generell achten sollten, erfahren Sie in unserer veganen Lebensmittelpyramide.
(rp)
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