Food-Blogger im Interview: Tipps für Seitan

Sean MoxieSeitan ist als vielseitige Alternative für Fleisch ein spannender Bestandteil der veganen Küche. Er besteht aus Gluten, dem Klebereiweiß in Getreide. Ursprünglich kommt Seitan aus Japan, mittlerweile hat er sich jedoch weltweit in der vegetarischen und veganen Küche etabliert. Dank seiner Konsistenz und seines hohen Proteingehalts eignet sich Seitan gut als Alternative für verschiedenste Fleischgerichte. Für Menschen, die an Zöliakie bzw. einer Glutenunverträglichkeit leiden, ist er leider nicht geeignet.

Da Seitan den Ruf hat, schwer zu verarbeiten zu sein, trauen sich viele Menschen nicht an die abwechslungsreiche Fleischalternative heran. Um das zu ändern, haben wir Food-Blogger Sean Moxie von dailyvegan.de nach seinen Tipps für die Seitan-Zubereitung gefragt.

Sean, erzähl uns ein wenig über dich und wie du zum Bloggen gekommen bist.

Ich lebe seit ungefähr 15 Jahren vegan und koche sehr, sehr gerne. Über die Jahre habe ich dabei immer mehr Rezepte entwickelt, die sich in einer Datei auf meinem Computer stapelten.

Inzwischen arbeite ich hauptberuflich als veganer Koch, derzeit im innerluck in Hamburg. Ursprünglich komme ich jedoch aus der Softwareentwicklung. Bevor ich hauptberuflich zum Kochen kam, habe ich allerdings schon sehr lange in Voküs/Küfas gekocht oder das Catering für kleinere Festivals, Soli-Events und Parties übernommen. Vor ungefähr zehn Jahren habe ich auch eine Zeit lang die veganen Kuchen für ein kleines Café in Berlin gebacken. So kamen viele Menschen in den Genuss meines Essens. Dass es immer vegan und dabei so lecker ist, hat viele Leute überrascht. Entsprechend oft wurde ich nach den Rezepten gefragt, die ich dann handschriftlich notierte oder per Email verschickte.

Durch die große Nachfrage nach Rezepten und da es mir, genau wie vielen anderen Veganer*innen, natürlich am liebsten wäre, wenn alle Menschen (möglichst viel) vegan essen, kam ich auf die Idee, meine Rezepte auf einem Blog zu veröffentlichen. So entstand vor 3,5 Jahren dailyvegan.de. Mit dem Blog wollte ich vor allem die Vielfalt veganen Essens aufzeigen – und auch, dass in der veganen Küche alles möglich ist. Von leckerem, einfachen, preisgünstigen Essen mit ganz alltäglichen Zutaten, über internationale Gerichte, natürlich auch viele veganisierte Klassiker, bis hin zur gehobenen veganen Küche. Mit rein pflanzlichen Zutaten und Pilzen ist so viel machbar und das meiste davon gar nicht schwer.

Auf deinem Blog kochst du teils sehr raffinierte, ausgefallene Gerichte, viele davon mit Seitan. Woher bekommst du deine Inspiration fürs Kochen?

Das ist ganz verschieden. Viel Inspiration bekomme ich aus der Natur, ich liebe es zum Beispiel mit ungewöhnlichen Zutaten, die ich beim Wandern oder Radfahren sammle, zu kochen. Auch das regionale und saisonale Gemüse- und Obstangebot gibt mir viele Ideen. Oft habe ich zum Beispiel Lust, alles aus einer Pflanze herauszuholen und verwende dabei auch ungewöhnliche Bestandteile, wie beispielsweise die Schoten ausgetriebener Radieschen. Das ist nicht nur außergewöhnlich und sehr lecker, sondern es ist auch ein ganzheitlicher Umgang mit dem jeweiligen Nahrungsmittel, ohne dass man Teile davon verschwendet. Natürlich muss man hierfür und auch für Erntespaziergänge in der Natur genau wissen, was man essen kann und welche Pflanzen(teile) oder Pilze giftig sind.

Wenn es um Vleischgerichte geht, lasse ich mich meistens von meinem Umfeld leiten. Manchmal redet irgendwer in der S-Bahn oder im Supermarkt von seinem nicht-veganen Essen und ich denke mir, dass ich dieses Gericht doch auch einmal veganisieren könnte. Manchmal frage ich auch im Freundeskreis, welches Essen sie gerne essen oder gegessen haben, bevor sie vegan oder vegetarisch wurden. Oder ich interessiere mich für eine neue Kochtechnik und experimentiere dann damit herum.

Zu Seitan im Speziellen kam ich ursprünglich durch meinen Freund. Er lebt noch länger vegan als ich, aber im Gegensatz zu mir ist er nicht vegetarisch aufgewachsen. Als Kind und Jugendlicher liebte er Fleisch und er vermisste Muttis Küche. Mir hatte bisher nie etwas gefehlt, aber durch Zufall entdeckte ich ein Schnitzel-Rezept mit Seitan. Das gab es damals, vor ca. 12 Jahren, als Fertigmischung in Reformhäusern. Das Rezept stand hinten auf der Packung. Ich kochte also eine Art Wiener Schnitzel und merkte, dass es mir auch schmeckte. Als Kind war ich Vegetarier und sehr angewidert von Fleisch, daher habe ich mich später nie für Fleischersatz interessiert.

Doch nach dem Reformhausschnitzel besorgte ich mir richtiges Seitanpulver und fragte meinen Freund, welche Speisen er denn am meisten vermisst. Und so kamen zu Schnitzeln schnell noch viele andere Gerichte.

Seitan wird oft für Fleischalternativen genutzt, genau wie Tofu und auch Jackfrucht. Wo siehst du bei Seitan die Vorteile?

Ich finde alle drei super, wobei ich Seitan am vielseitigsten finde. Aber je nachdem, was man kochen möchte, können auch Tofu, Sojatextur oder Jackfruit die bessere Alternative sein. Aus meiner Sicht sind beispielsweise gute Steaks nur aus Seitan realisierbar, aber Rouladen in Sauce werden am besten mit Soja Big Steaks.

In vielen meiner Rezepte nutze ich allerdings auch Mischformen. Für vegane Fisch- oder Geflügelspeisen verwende ich zum Beispiel gerne Jackfruit und Seitan zusammen. Und Bratwürste kann man zum Beispiel ganz wunderbar aus einer Mischung aus Tofu und Seitan herstellen.

Viele Menschen finden, dass Seitan sehr gummiartig und schwer zu verarbeiten ist. Wie siehst du das?

Seitan wird in der Regel erst mal zu einem Teig verarbeitet und wie bei vielen Teigen muss man ein Gefühl dafür entwickeln, wann der Teig die richtige Konsistenz hat. Manchmal braucht man einfach etwas mehr oder weniger Feuchtigkeit, um das Gummiartige zu verhindern. Oder die Garzeit muss ein wenig verändert werden. Allerdings habe ich auch schon sehr schlechte Rezepte mit Seitan gesehen, bei denen auch etwas mehr oder weniger Feuchtigkeit oder Garzeit nicht helfen würde.

Generell würde ich dazu raten, nicht gleich aufzugeben und verschiedene Rezepte zu probieren.

Was sind deine besten Tipps zur Verarbeitung von Seitan?

Bei Seitan gibt es sehr viele verschiedene Verarbeitungsmethoden. Dünsten, kochen, im Ofen garen, je nach Konsistenzwunsch kann man fast puren Seitan nehmen oder diesen mit anderen Zutaten mischen.

Gleich ist jedoch bei fast allen Rezepten, dass es sinnvoll ist, erst alle trockenen Zutaten und separat davon alle nassen zu vermischen. Anschließend empfehle ich, die Flüssigkeit nach und nach einzuarbeiten, bis die Konsistenz des Teigs der gewünschten entspricht. Für eher festes Vleisch braucht man beispielsweise auch feste Teige. Für zartes Vleisch empfiehlt sich ein Mischteig, der eher weich und relativ feucht ist.

Was ist dein Rat für absolute Seitan-Anfänger*innen?

Am besten ist es mit einfachen Rezepten wie Nuggets oder Schnitzeln anzufangen, die auch einen geringen Arbeits- oder Kostenaufwand haben. Dann kann man sich prima mit Seitan vertraut machen und hat am Ende ein gelingsicheres, leckeres Essen.

Verrätst du uns dein Lieblingsrezept mit Seitan?

Das wechselt immer mal wieder und ist auch saisonabhängig. Im Grunde habe ich mehrere Lieblingsrezepte, je nach Gericht oder Mahlzeit. Derzeit liebe ich zum Beispiel meinen Räucherschinken, der passt auch sehr gut zu Honigmelone und ist damit sehr sommerlich. Auf die Hand für unterwegs esse ich derzeit am liebsten Hamburger Fischbrötchen.
Fast schon ein Klassiker sind meine veganen Hähnchenkeulen, die ich auch immer wieder gerne zubereite. Für besondere Anlässe mache ich am liebsten Seitansteaks in Rotweinglasur. Ansonsten finde ich auch Spare Ribs oder im Winter Kassler zu Grünkohl ganz hervorragend.

Was für ein Mehl sollte man zur Seitanherstellung verwenden? Gibt es evtl. Geschmacksunterschiede je nach Mehl? Gelingt Seitan auch aus Vollkornmehl?

Ich habe seit Jahren keinen Seitan aus Mehl gewaschen. Das finde ich sehr unpraktisch, da man diesen nur schwer würzen kann und auch wenig Einfluss auf die Konsistenz hat. Ich nutze immer Glutenpulver (Seitanpulver, Seitan-Fix). Das ist getrocknetes Weizeneiweiß, man kann es inzwischen auch in vielen Supermärkten kaufen. Damit kann man viel vielseitiger arbeiten. Und es spart Unmengen an Zeit und Arbeit, denn selbst Mehl auszuwaschen ist ziemlich mühsam.

Könntest du uns hier deine Schritt-für-Schritt-Anleitung für gelingsicheren Seitan geben?

Wie schon weiter oben beantwortet gibt es nicht die eine Methode, mit der Seitan gelingt. Je nachdem was man machen möchte, variiert das sehr. Daher nehme ich hier mal als Beispiel Seitan Negimaki, eine japanische Rolle, eigentlich aus Rindfleisch, gefüllt mit Lauchzwiebeln. Dafür benötigt man einen eher festen Seitan. Damit das erreicht wird, muss der Teig einen hohen Seitan-Anteil haben, es sollte also keine Mischform sein. Auch die Flüssigkeit, mit der ich den Seitan knete, besteht fast nur aus roter Beete und viel Wasser. Die Beete sorgt für eine schöne Vleischfarbe. Die Flüssigkeit muss dann vorsichtig und schrittweise in das Seitanpulver eingeknetet werden, bis ein sehr fester Teig, ohne trockene Stellen, entstanden ist.

Den fertigen Teig dünste ich für 40 Minuten über einer Brühe und schneide ihn anschließend in dünne Scheiben. Diese Scheiben lege ich für eine Stunde in einer würzigen Marinade ein. Anschließend kann man den Seitan auf Lauchzwiebelstreifen wickeln, mit Spießchen fixieren und in einer Grillpfanne anbraten, das sieht nicht nur gut aus, sondern gibt auch ein leckeres, rauchiges Aroma.

(jg)

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